Ein Handwerker kaufte das Gebäude, in dem jahrelang Frauen misshandelt wurden. Er wollte es umbauen. Doch dann fand die Polizei darin eine Drogenplantage. Nach ROBERT KLAGES

Es ist eigentlich ein ganz normales Reihenhaus in Höxter-Bosseborn in Westfalen. Doch es ist als „Horror-Haus” bekannt geworden. Die vorherigen Bewohner, ein Ehepaar, hatten hier jahrelang Frauen gefangen gehalten und misshandelt, zwei Frauen starben – der Fall wird derzeit im Landgericht Paderborn verhandelt. Der neue Besitzer des Hauses hat eine Drogenplantage errichtet.

Die Zukunft des Hauses war lange Zeit ungewiss. Zuerst hieß es, der ursprüngliche Besitzer wolle es abreißen und ein Kreuz für die Opfer aufstellen lassen. Doch Anfang des Jahres verkaufte er das Haus für schlappe 5000 Euro an einem unbekannten Mann, der angab Handwerker, Künstler und Fotograf zu sein.

Der 50-Jährige erreichte durch den Kauf etwas Aufmerksamkeit, bezeichnete das Haus als das „wohl zeitweise bekannteste Haus der Welt”. Fotos im Haus zu schießen, war ihm jedoch untersagt. Die Exklusivfotorechte wurden für viel Geld von zwei Boulevardzeitungen gekauft, darunter die „Bild”. Er wolle eine Werkstatt in dem Haus einrichten und vielleicht sogar eine Herberge und dazu natürlich viel umbauen und sanieren, hatte er behauptet.

 

„Liegt auf dem Gebäude ein Fluch?”

Geworden ist aus dem Haus dann eine Hanfplantage über zwei Etagen. Das meldet die Polizei Bielefeld am Mittwoch. Mindestens fünf Personen hätten in dem Haus eine Drogenplantage aufgebaut, heißt es.

Am Mittwoch rückten Spezialeinheiten der Polizei vor. Die Kriminalpolizei nahm gleich 12 Personen in dem Objekt fest. Mehr als 1000 Pflanzen seien sichergestellt worden. Nachbarn wollen Schüsse gehört haben. Die Polizei bestätigte das nicht. Ein 42-jähriger Türke aus den Niederlanden soll vermutlich der Kopf der Bande sein, seine „rechte Hand” ein 43-jähriger Türke aus Krefeld. Sie sollen Fahrer und zahlreiche sonstige Helfer gehabt haben, darunter ein 25-jähriger Einheimischer aus dem Raum Höxter sowie mehrere Frauen als Erntehelferinnen. Eine weibliche türkischstämmige Person soll in dem Haus untergebracht worden sein, damit sie die Plantage ganztägig betreut. Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Anbaus und Handels von Cannabis wurden eingeleitet. Die festgenommenen Personen wurden noch am Donnerstag dem Haftrichter vorgeführt.

 

Plantage über sechs Monate lang betrieben

Der neue Eigentümer des Hauses selbst soll sich um die Versorgung der Frau im Haus und um Umbauten für die Plantage gekümmert haben. Dass auch der Verkäufer und ehemalige Besitzer des Hauses in den Bau der Plantage involviert gewesen sein könnte, schließt die Polizei Bielefeld dem Tagesspiegel gegenüber aus. Wie lange die Polizei schon von der Plantage wusste und wie sie auf diese aufmerksam wurde, möchte die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen zunächst nicht verraten. Über sechs Monate lang wurde die Plantage betrieben.

Die Nachbarn jedenfalls wollen wieder nichts gewusst haben. Einige von ihnen wurden auch zu den Mordfällen in dem Haus vor Gericht befragt. Sie sagten aus, so etwas nicht erwartet und davon nichts gewusst  zu haben.

 

R Haftbefehl         letartóztatási parancs

Misshandeln        bántalmaz

Umbauen             átépít

E Pantage             ültetvény

Verhandeln          tárgyal

Errichten               elrenez, berendez

Ursprünglich         eredeti

Ungewiss               bizonytalan

Angeben               állítani

R Fluch                 átok

Vorrücken            előmozdít

Verraten                elárulni

 


Vélemény, hozzászólás?

Facebook: